Die Filmstarts-Kritik zu Paul - Ein Alien auf der Flucht (2024)

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Paul - Ein Alien auf der Flucht

Kritik der FILMSTARTS-Redaktion

3,5

gut

Paul - Ein Alien auf der Flucht

Von Stefan Geisler

Simon Pegg, Nick Frost und Edgar Wright - das sind Namen, die für komödiantischen Erfolg stehen. Was auch immer das kongeniale Trio anpackt, wird zu Humor-Gold; sei es ihre hochgelobte Sci-Fi-Serie „Spaced" oder die Slacker-Version der altbekannten Zombie-Apokalypse („Shaun of the Dead"). Beim neuesten Streich der britischen Kreativköpfe, der auf den einprägsamen Namen „Paul – Ein Alien auf der Flucht" hört, mussten Pegg und Frost allerdings ohne ihren Regie-Kumpel Edgar Wright auskommen, der zuvor auch mit Simon Pegg an den Drehbüchern zu „Hot Fuzz" und „Shaun of the Dead" tüftelte. An seine Stelle tritt nun US-Regisseur Greg Mottola, der schon mit „Superbad" und „Adventureland" bewiesen hat, dass es auch in Amerika möglich ist, Komödien über dem Niveau typischer Adam-Sandler-Streifen zu produzieren. Und tatsächlich: Die Sci-Fi-Komödie „Paul" ist ein cineastischer Zitate-Genuss, die Kombination aus trockenem Brit-Humor und brachialen Schenkelklopfern nach amerikanischer Art verbindet sich wie Schokolade mit Minze zu einer sehr speziellen, dabei aber höchst geschmackvollen Kreation.

Graeme Willy (Simon Pegg) und Clive Collings (Nick Frost) sind Nerds, wie sie im Buche stehen - Comics, Superhelden und „Star Trek" sind die große Leidenschaft der beiden. Eine Pilgerfahrt mit dem Wohnmobil zur Comic-Con in San Diego, der weltgrößten Popkultur-Messe, ist für den mittelmäßigen Science-Fiction-Autor Collings und seinen Comic-Zeichner-Kollegen Willy natürlich Pflichtprogramm; genau wie der anschließende Abstecher zur Area 51. Die Pilgerfahrt zum Nerd-Mekka wird jedoch durch einen Zwischenfall unterbrochen, der alles bisher Erlebte in den Schatten stellt: Als eine schwarz getönte Limousine vor den beiden ins Schlingern kommt und sich abseits der Fahrbahn überschlägt, klettert das hilfsbereite Duo aus seinem Wohnmobil – und trifft auf ein Alien mit dekorativem Glimmstängel im Mundwinkel (Seth Rogen). Der außerirdische Geselle nennt sich Paul und „beschlagnahmt" das Wohnmobil der Freunde, um dem grimmigen FBI-Agenten Zoil (Jason Bateman) und dessen Schergen zu entwischen...

Die Idee zu diesem absurdem Road Trip, besser: diesem feuchten Traum eines jeden UFO-Fanatikers, kam Simon Pegg bei den Dreharbeiten zu „Shaun of the Dead". Prasselnder Regen und die damit verbundenen Dreh-Verzögerungen veranlassten Pegg zur Aussage, sein nächster Film müsse unbedingt in einem warmen, trockenen Klima gedreht werden - am besten in der Wüste. Allein dieses ungewohnte Setting bietet neue Möglichkeiten für die britischen Komiker, die in Amerika doch selber wie Aliens wirken. Schließlich versteht man sie mit ihrem britischen Akzent jenseits des großen Teichs kaum, sogar eine Untertitelung für Nick Frost wurde ernsthaft in Erwägung gezogen. Einmal mehr spielen Pegg und Frost ihre erfolgreichen Best-Buddy-Rollentypen. Einziger Unterschied ist der neu justierte Spielanteil der beiden - war Nick Frost bisher immer als Sidekick dabei, tritt er hier ebenbürtig neben Pegg auf. Das dürfte auch daran liegen, dass Frost diesmal anstelle von Edgar Wright als Co-Autor am Drehbuch mitfeilte.

Mit Paul haben die beiden kein CGI-Gimmick, sondern eine vollwertige Figur erschaffen, die frischen Wind in ihre routinierte Zweierkonstellation bringt. Das Alien erweist sich als bekennender Vollprolet, der raucht, säuft, schmutzige Witze reißt und mit Freuden seinen nackten Arsch in die Kamera hält - eine Rolle, die wie gemacht scheint für Pauls Synchronsprecher Seth Rogen („Beim ersten Mal"). Rogen ist Paul und Paul ist Rogen. Und der Film profitiert davon! Mit seinem unbekümmerten Habitus ist er – trotz FBI-Schergen im Nacken – noch die mit Abstand entspannteste der drei Figuren. So vergeht dann auch kein Abend ohne Pauls übliche Alkohol-Dosis. Ein wenig erinnert das Slacker-Alien an einen besoffenen ALF. Dass er bei seinen hemmungslosen Sauftouren eventuell entdeckt werden könnte, schert ihn nicht.

Paul sieht zwar aus wie ein wandelndes Alien-Klischee, das ist er aber keineswegs. Ausgestattet mit der universalen Weisheit eines Klaatu („Der Tag an dem die Erde stillstand") und dem Proletentum von Roger („American Dad!") entsteht ein Alien mit einer echten Persönlichkeit und hohem Wiedererkennungswert. In der deutschen Synchronfassung wird Paul vom „Grafen" höchstpersönlich gesprochen - Bela B. Felsenheimer („Terkel In Trouble") leiht Paul seine Stimme und macht das mit Bravour. Schnell lenkt Felsenheimer von seinem übermächtigen Image als Ärzte-Schlagzeuger ab und erweckt Paul auch in der deutschen Version zu charismatischem Eigenleben.

Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Paul, dem FBI und einem wütenden Religionsfanatiker-Daddy (John Carroll Lynch), der seiner vermeintlich entführten Tochter („Saturday Night Live"-Star Kristen Wiig) auf der Spur ist, gestaltet sich als zwar vergnügliches Spektakel in bester „Scooby-Doo"-Manier. Diese Passagen sind dennoch der einzige Schwachpunkt des Films. Die hemmungslos überzogenen Action-Sequenzen wollen kaum zu den starken Lagerfeuer-Dialogpassagen und zahlreichen liebevollen Genre-Zitaten passen, in denen Pegg und Frost ihr ganzes Autorentalent ausspielen. Dennoch verliert der wilde Ritt auch in den schwächeren Phasen kaum an Schwung und steigert sich in ein fulminantes Finale, das mit Wendung über Wendung einerseits zum Kopfschütteln, dabei aber auch zum vergnügten Schmunzeln animiert.

Das ist auch einer spielfreudig aufgelegten Nebendarsteller-Riege zu verdanken – vor allem den Komikern Bill Hader („Superbad") und Joe Lo Truglio („Vorbilder?!"), die ihre vertrottelten Sheriffs an der Seite des fiesen FBI-Agenten mit sichtbarem Vergnügen zum hemmunglosen Klamauk geben und dabei immer wieder für Lacher gut sind. Simon Pegg und Nick Frost in den Hauptrollen zeigen derweil nach einigen Hollywood-Einzelgängen, dass sie als Duo doch immer noch am besten funktionieren. Sei es aufgrund ihrer über lange Wegstrecken geteilten Karriere oder deswegen, weil sie sich ihre Rollen ohnehin selber auf den Leib geschrieben haben. Auch Regisseur Greg Mottola beweist sich einmal mehr als Komödienspezialist, der sich auf die Inszenierung grober Figuren mit leisen Tönen versteht. Britischer Humor zu Gast in amerikanischer Comedy - wenn dabei Filme wie „Paul" entstehen, dann wünschen wir uns mehr davon!

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